Liebe Gemeinde

wir Menschen brauchen in unserem Leben einen Rahmen. Er kann uns eine feste Sicht geben und Halt schenken. Denn bei allem, was uns heutzutage überflutet, bietet er eine gewisse Sicherheit. Aber wenn uns Unvorhergesehenes überfällt, dann zerbricht oft dieser Lebensrahmen - durch einen Unfall, eine schwere Krankheit, Schulversagen, Arbeitslosigkeit, Scheitern der Ehe, den Tod eines lieben Menschen. Wenn sich aber keiner um uns kümmert und wir keinen Ausweg sehen, dann stehen wir in der Gefahr, allen Halt zu verlieren oder uns an Strohhalmen festzuklammern: an Geld, an Süchten, an dem Schein der Welt, wie sie uns früher doch so heil vorkam.
Aus diesem zerbrochenen Rahmen kann aber ein Kreuz entstehen: Es bietet sich jedem an als letzter Halt vor dem Abgrund. Manch einer bekommt erst jetzt, da sein Lebensrahmen zerbrochen ist, den Blick wieder frei für das Kreuz. Er ringt um einen Glauben, der alles verändern kann. Dabei darf er die Stimme vernehmen: „Kommt alle her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“
Jesus hält uns am Kreuz seine Arme entgegen - wie im Gleichnis der barmherzige Vater den verlorenen Sohn mit ausgebreiteten Armen empfing. Jesus möchte uns in die Arme schließen. Und halten, egal, wie wir zu ihm kommen:
Der, der einsam ist oder behindert - der
meint, dass ihn niemand liebt - der in Angst lebt - den Gewalt erdrückt - der schuldig ist - den aller Lebensmut verlassen hat. Jedem gilt sein Angebot der Hilfe.

Keiner kommt im Leben am Kreuz vorbei.
Und wenn es uns trifft, meinen wir oft, uns werde ein besonders schweres, ja das schwerste aufgebürdet. So erzählt eine Legende: Alle Menschen waren mit ihren Kreuzen unterwegs. Sie mühten sich ab mit ihrer schweren Last. Einem war es zu lang. Er sägte kurzerhand ein Stück ab. Nach langer Pilgerschaft kamen alle an den letzten Abgrund. Keine Brücke führte ins Land auf der anderen Seite, das endlich Frieden versprach und Freude. Schließlich legten alle nach kurzem Zögern ihre Kreuze darüber. Und siehe: Sie passten gerade. Der aber ein Stück abgesägt hatte, um es leichter zu haben, der stand nun betroffen da.
Wer sein Kreuz durch das Kreuz Jesu mitgetragen weiß und dies nicht als zusätzliche Last verwirft, der kann erkennen, wie ihm geholfen wird. Der Glaube an den Gekreuzigten sprengt den engen Rahmen unseres Blickes: Neue Freiräume öffnen sich. Es ist wie mit einem Fensterkreuz: Es weitet den Blick für neue Richtungen. Wir spüren wieder Geborgenheit. Wir sehen wieder einen Sinn. Die Schatten der Angst und Schuld weichen zurück. Die Last drückt nicht mehr so schwer, weil einer mitträgt. Aus der Passion zur Hoffnung. So möchte uns der Blick auf alle Facetten unseres Glaubens und unseres Lebens - mit allen schönen und trüben Seiten - vorbereiten auf die unglaubliche Freude, die uns Gott mit dem Osterereignis schenken will, dass wir am Ostermorgen fröhlich sagen können: „Der Herr ist auferstanden - er ist wahrhaftig auferstanden!“
Ihr Pfarrer Thomas Haenchen 

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